Nun
Herr Mansour schreibt, die Gesellschaft ist nicht mit-schuld an der Radikalisierung, und das ist meiner Meinung nach eine krasse Fehleinschätzung. Aus einer reichen, gebildeten und priviligierten Position heraus gedacht und gesagt.
Die angesprochenen jungen Männer, vor Kraft strotzend, haben keine Chance, diese in eine angemessene Form zu giessen, sich wirtschaftlich und emotional zu beteiligen, da ist es für Hassprediger (die meist auch aus einer reichen, priviligierten Stellung heraus ihre menschenverachtenden Dinge verbreiten) ein leichtes, die ganze Vitalität in etwas, durch und durch Böses, zu kanalisieren.
Wenn ich sehe, wie enorm arrogant manche jungen Leute sind, wie die deutschen Mädels, die ich unlängst gehört habe, denen es an nichts mangelt, die drüber nachdenken, ob sie Jus studieren, denn 'Richterin kann ich dann nur in Österreich werden, also das schränkt meine Möglichkeiten schon sehr ein.' denen es gleichzeitig völlig egal ist, ob der Zug bummvoll ist, die ihre teuren Handtäschchen neben sich platzieren, und so zwei Plätze einnehmen, sie geben sich Raum, denn sie haben ja Rechte, sie sind wer, nichtwahr, jemand, dem man dienen muss, ihr Reichtum wohlverdient. Die Gnade der Geburt hat sie hochmütig zurück gelassen, sich so in den Fluch schlechthin verwandelt, was sie aber leider nicht wissen oder wahrnehmen können.
Das alles rechtfertigt kein Morden, ist klar, und steht fest.
Es ist bloß ein kleiner Hinweis, dass es so einfach nicht ist, wie Herr Mansour es darstellt. Meiner Meinung nach ist es noch ins Feuer gegossenes Öl.
Ja, kann man Dankbarkeit erwarten, wenn man auf eine Wand stösst, die einen ablehnt, wofür sollte man denn dankbar sein? Dafür, dass man essen und trinken und Wohnraum bekommt, als ob das genügen würde, und nicht wie eine Qual wäre, die ärgste Qual von allen, alleine gelassen zu werden, ausgeschlossen von der Gesellschaft, gerade genug versorgt, um den Körper am Leben zu lassen, den Geist und die Seele aber täglich, ja stündlich aufs Neue der Vernichtung preisgegeben?
Wie soll das funktionieren, wenn in den Gesichtern nicht die Schönheit des Menschseins erkannt wird, sondern jeder sich bedroht fühlt, was spiegelt das zurück? Wieviele Attentäter gibt es in Wien? Wieviele Menschen sterben im Straßenverkehr? Am verfluchten Feinstaub der Autos, die jene Begüterten in ihre Vororte karren, die ihre Kinder auf Privatschulen schicken können, die den Feierabend im Grünen geniessen, unsere Stadt mit ihren Luxuskarren verseuchen, und sich dann noch als was Besseres fühlen, im Ernst? Echt jetzt?
Ich meine ich bin neidisch, darauf, dass Euch niemand die Möglichkeit nimmt, Sklaven zu halten. Dass Eure Ellenbogen einfach so toleriert und als das Maß der Dinge, als absolut erstrebenswert angesehen werden, ich bin neidisch, dass ich es einfach nicht hinkriege, wie ihr sein zu wollen.
Da über dem großen Teich herrschen jetzt auch solche Bullies, denen es an nichts mangelt, außer der Vorstellungskraft, in billigen Turnschuhen einen Tag lang verloren durch eine Stadt voll geballter Ablehnung zu wandern, auf der Suche nach Sinn und Inhalt. Wir haben die Welt kolonialisiert, und statt dafür die Verantwortung zu übernehmen machen wir es wie unreife Egozentriker und rufen 'Ok ok, ich bin an allem schuld!?' was ein jammervolles Eingeständnis ist, dass wir überhaupt gar keine Verantwortung übernehmen können.
Und die da drüben und die da oben lachen sich ins Fäustchen. Wir gegen die, arm gegen arm, wer gewinnt ist klar: Es sind jene, die es sich richten werden können, und wer was gegen sie sagt, der ist ja bloß neidisch, und das ist ein Mangel, Neid ist ja niederträchtig, aber Andere ausbeuten ist cool, state of the art, nichtwahr?
Es ist ein Klassenkampf, und jeder der was anderes predigt, ist ein Nebelgranatenwerfer. Sorry to say.